Lust auf eine etwas andere Entdeckungsreise durch Würzburg? Zwei neue Smartphone-Anwendungen laden dazu ein, die Stadt am Main neu kennenzulernen. Egal, ob Sie lieber auf den Spuren Balthasar Neumanns wandeln oder nach dem verschwundenen Studenten Paul fahnden: Kurzweilig und informativ sind beide Apps – und zwar sowohl für junge Menschen als auch für ältere Semester.
Die Web-Applikation „Auf den Spuren von Balthasar Neumann in Würzburg“ dreht sich um den berühmten Barockbaumeister, der zahlreiche profane und sakrale Bauwerke in der gesamten Innenstadt errichtet hat. Die Anwendung wurde von Studentin Elena Pfister im Rahmen ihrer Bachelorarbeit im Studiengang „Vermessung und Geoinformatik“ an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt (FHWS) entwickelt. Mit ihr sollen „junge Leute Balthasar Neumanns Wirken in Würzburg erforschen können“, berichtet die 22-jährige Schweinfurterin, die in Kürze ihre erste Stelle beim „Amt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung“ antritt. Auf junge Leute beschränkt ist die Nutzung aber natürlich nicht; auch geschichtsinteressierte Unterfranken werden noch das ein oder andere neue Detail erfahren.
Die Idee für das Projekt kam von Stefan Sauer, Dozent im Studienbereich „Geovisualisierung, Vermessung, Geoinformatik“, und Professor Dr.-Ing. Daniela Wenzel, Dekanin der Fakultät „Kunststofftechnik und Vermessung“. „Das Faszinierende an Balthasar Neumann ist, dass er ungeheuer vielseitig war“, so Daniela Wenzel. Neben dem UNESCO-Weltkulturerbe Residenz, schmucken Bürgerhäusern und Höfen, großen Sakralbauten wie Hofkirche, Schönbornkapelle, Augustinerkirche und Käppele schuf er auch architektonische Projekte, die heute nicht mehr auf den ersten Blick zu sehen sind. Als Beispiel nennt Stefan Sauer die Röhrenbrunnenleitung, die die mühsame Versorgung durch häufig verunreinigtes Main- und Bachwasser abgelöst hat. Bereits 1720 hatte der im Dienst des Hochstifts Würzburg stehende Baumeister die Residenzbaustelle mit fließendem Wasser versorgt; 1733 veranlasste er die Verlegung von Rohren in das Stadtgebiet. Wegweisend war das Projekt allemal: Bis 1856 war die Neumannsche Leitung die einzige öffentliche Wasserversorgung Würzburgs. In alten Büchern könne man all das nachlesen, so Stefan Sauer: „Doch die schaut sich heute keiner mehr an!“
Dieses Wissen weiterzugeben und „auf ansprechende, moderne und zielgruppenorientierte Art zu präsentieren“, war denn auch der Auftrag an Elena Pfister. Auf der Basis einschlägiger Literatur und anhand historischer Karten arbeitete sie sich in Neumanns Bauwerkstätigkeit ein. Dann folgte die nutzerspezifische Aufarbeitung. „Wichtig waren mir gut verständliche Texte, ansprechende Bilder und möglichst wenig Zahlen“, sagt Pfister. In einem zweiten Schritt wurden die Infos in eine Kartenanwendung integriert, die sich auf PC und Smartphone aufrufen lässt. Herzstück der Anwendung sind drei Stadtrundgänge, die an wichtigen Bauwerken Neumanns vorbeiführen. Zu jedem Gebäude gibt es eine Art Steckbrief mit Foto, den wichtigsten Fakten und weiterführenden Links. Um die Orientierung zu erleichtern, wird auch der eigene Standort angezeigt. Über die Registerkarte „Kulinarisches“ finden Spaziergänger Einkehrmöglichkeiten in der unmittelbaren Umgebung. Dank einiger Zusatz-Features ist die Entdeckungsreise auch vom Sofa aus möglich: So zeigt eine interaktive Karte mit Zeitschieberegler den Baufortschritt in der Innenstadt, zu zehn ausgewählten Bauwerken gibt es StoryMaps mit zusätzlichen Infos und Audiodateien.
Um ganz andere Dinge geht es bei der App „Wo ist Paul?“, die den Nutzer auf eine digitale Schnitzeljagd durch Würzburg schickt. Entwickelt wurde die Anwendung von Lukas Dürrbeck, Kristian Baltruweit und Alexandra Schmied von der Citychurch Würzburg. Die evangelische Freikirche wurde 2003 gegründet und ist im Rahmen des „Bundes Freier evangelischer Gemeinden“ auch Mitglied der „Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen“ Bayern. „Als Kirche für die Stadt wollen wir für all die Menschen da sein, die Kirchen nur selten oder nie besuchen“, sagt Lukas Dürrbeck. Ziel sei es, Kontakt zu Gott auf eine Weise zu vermitteln, „die in ihren Formen der aktuellen Kultur entspricht und in den Inhalten die Lebensfragen unserer Generation kennt und ernst nimmt“.
Da durch die Corona-Beschränkungen momentan keine Gottesdienste möglich sind, habe man sich auf die Suche nach anderen Wegen der Kontaktaufnahme gemacht. „Wir wollten etwas Cooles für junge Leute auf die Beine stellen und dabei zeigen: Kirche ist auch jetzt für Euch da“, verdeutlicht Dürrbeck. Da sich die App für Rätselfreude jeden Altes eignet, sei sie im Grunde ein „Geschenk für die Stadt“.
Die erfundene Hintergrundgeschichte handelt vom Studenten Paul, der nach einer abendlichen Kneipentour verschwunden ist. Um ihn wiederzufinden, versuchen einige Kommilitonen, den vergangenen Abend zu rekonstruieren. Ernsthafte Sorgen müsse man sich nicht machen, beruhigen die Entwickler vorab: „Paul geht es gut.“ Der spannenden Suche tut das jedoch keinen Abbruch. Stephanie Schneider hat die App bereits ausprobiert. Etwa zweieinhalb Stunden war die Estenfelderin mit ihrem Mann, den beiden erwachsenen Kindern und deren Freunden in der Innenstadt unterwegs. „Der Startpunkt war im Lusamgärtchen beim Neumünster“, berichtet die 48-Jährige. Dann ging es weiter quer durch die Innenstadt. Insgesamt sieben Rätsel mussten sie auf ihrem Weg lösen, mal mathematische Denkaufgaben, mal Buchstaben-, mal visuelle Rätsel. Aus der Lösung ergab sich dann jeweils der Hinweis für die nächste Station. „Jeder von uns konnte auf seine Weise beitragen und hat etwas anderes als leichter oder schwieriger empfunden“, erzählt Stephanie Schneider. Dass sowohl Neubürger als auch Einheimische mit von der Partie waren, sei optimal gewesen. „Manches weiß man als alter Würzburger einfach, bei anderen Dingen waren die jungen Leute im Vorteil“ lacht die Erzieherin. Wer dennoch mal nicht weiter weiß, findet Hilfe in der App. Lediglich etwas mehr Infos über die Sehenswürdigkeiten der Stadt hätte sich Schneider gewünscht. Die habe sie dann aber einfach selbst einfließen lassen.
Alles in allem sei die Suche nach Paul ein „witziger Familien-Nachmittag“, resümiert sie und spricht damit Lukas Dürrbeck aus dem Herzen: „Wir wollen vor allem Farbe in den eintönigen Corona-Alltag bringen“, sagt er: „Und wenn dann noch die Botschaft ankommt, dass Kirche nicht nur veraltet ist, sondern auch mit dem Leben von heute zu tun hat, haben wir viel erreicht!“
Anja Legge
Die App „Auf den Spuren von Balthasar Neumann in Würzburg“ enthält drei verschiedene Stadtrundgänge und kann über folgenden Link geöffnet und kostenfrei genutzt werden: https://arcg.is/1uOaL9
Die Schnitzeljagd „Wo ist Paul?“ eignet sich für Teenager ab zwölf Jahren, junge Leute und Erwachsene. Neben dem Smartphone sollte man Stift und Papier mitnehmen. Die App gibt es kostenlos im Google-Play-Store, im Apple-App-Store und auf der Internetseite: https://wuerzburg-schnitzeljagd.de/