Extravagant und sinnlich

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Extravagant und sinnlich

Federn faszinieren den Menschen seit Menschengedenken. Sie sind sinnlich, zart und zerbrechlich, extravagant in Farbe, Form und Struktur, sie symbolisieren Schönheit und Perfektion und sind dabei extrem widerstandsfähig. All das findet sich auch in den exklusiven Kreationen von Prune Faux wieder – einer der letzten Federmacherinnen in Frankreich.

Schon wenn die gelernte Plumassière – zu Deutsch Federmacherin – über Federn spricht, vermittelt sie eine Ahnung vom Zauber des exklusiven Materials, mit dem sie tagtäglich arbeitet. Umso intensiver wird der Eindruck für den, der die steilen, unregelmäßigen Stufen zu ihrem Atelier hinaufsteigt. Der vom Licht des Südens durchflutete Raum ist Prunes kreativer Rückzugsort. Dort lässt sie sich von der Natur inspirieren, dort entstehen ihre raffinierten Kompositionen. Mit viel Feingefühl, Farbgespür und Liebe zur Langsamkeit kreiert sie ausnahmslos Unikate: Ohrringe aus Perlhuhnfedern, einen Lampenschirm, der bei jedem Luftzug von schwarzen Hahnenfedern umspielt wird, eine mit Fasanen- und Entenfedern belegte Schmuckkugel.

„Ich liebe es, Dinge mit der Hand zu erschaffen“, sagt die 35-jährige Federmacherin. In Deutschland ist ihr Beruf so gut wie ausgestorben, im Land der Haute Couture dagegen gibt es noch eine gute Handvoll Experten, die diese aufwändige Kunst beherrschen. Prune Faux-Révoil stammt aus dem Südwesten Frankreichs. Der fast vergessenen Kunst des Federmachens begegnet die junge Frau rein zufällig. Nach einer Ausbildung in Modedesign (stylismes-modélisme) in Bordeaux absolviert sie ein Studium des „Stylisme d’Accessoire“ an der renommierten Modeschule „Modart International“ in Paris. „Bei der Suche nach einer Spezialisierung bin ich über den Beruf des Federmachers und war fasziniert“, erinnert sie Prune. Sie bewirbt sich am „Lycée Professionnel Octave Feuillet“, eine der letzten Schulen, an denen man noch ausgefallene Modeberufe wie den des Federmachens erlernen kann. Dort hat sie das „große Glück, bei Nelly Saunier zu lernen“, schwärmt Prune noch Jahre später. Saunier gehört zu den absoluten Koryphäen ihres Fachs in Frankreich; weitreichende Bekanntheit erlangte sie mit ihrem „Boléro Perroquet“ für Jean-Paul Gaultiers erste Haute-Couture-Show im Jahr 1997.

2011 wird das Atelier des Grand-Seigneur der Federkunst in Frankreich André Lemarié auf das junge Talent aufmerksam. Es ist – wie Dutzend weiterer exklusiver Modeateliers auch – Teil des Modelabels Chanel, und seit 2021 im futuristischen Chanelbau 19M im Nordosten der Seine-Metropole untergebracht. Bei Lemarié verfeinert Prune Faux ihre Fähigkeiten und stellt Design-Muster für Chanel, Dior, Givenchy und Valentino her.

Dann begegnet sie bei einem Wildschweineintopf und einem Glas Minervois dem Agraringenieur William. Die beiden verlieben sich Hals über Kopf und entschließen sich zu einem außergewöhnlichen Schritt: 2014 lässt sich das junge Paar auf einem Stück Land in der Provence nieder. Die „Terres de Pierre“ – 20 Hektar Grund mit Olivenbäumen, Weinbergen und Obstbäumen am Fuß der Alpilles mit einem alten provenzalischen Steinhaus aus dem 18. Jahrhundert – sind wie geschaffen für den gemeinsamen Lebenstraum der beiden: William widmet sich dem Anbau von Oliven und Wein, Prune richtet sich ein eigenes Atelier als Federmacherin ein. Obwohl die Entscheidung für ein Leben jenseits der Hauptstadt mutig ist und viel harte Arbeit und Verzicht bedeutet, hat Prune sie nie bereut. Der Name, den sie sich in der Hauptstadt erarbeitet hat, trägt sie weiter, die Kunden folgen ihr und ihrer Kunst in diesen verträumten Winkel der Provence.

Die Federn in Prunes Kreationen stammen von einheimischen Vögeln – etwa Fasan, Gans, Truthahn, Ente, Hahn oder Perlhuhn. „Schon die Palette französischer Vogelfedern ist atemberaubend“, erzählt sie. Kritikern ihrer Kunst versichert sie, dass kein Vogel für eines ihrer Modeaccessoires sterben muss; stattdessen beziehe sie Federn aus der Lebensmittelherstellung, also von Vögeln, die wegen ihres Fleisches gehalten und getötet werden; auch das Sammeln von Federn, die ein Vogel während der Mauser verliert, sei eine Möglichkeit, Federn ohne Tierquälerei zu gewinnen. Federn von Tieren, die bei lebendigem Leib gerupft werden, kommen ihrer Aussage nicht zum Einsatz.

Den Großteil der Federn kauft sie – entweder lose oder als ganze Haut – bei einem Lieferanten unweit von Paris, der die Federn reinigt, entfettet, bedampft und zertifiziert. Hin und wieder kommen auch recycelte Federn aus den 1920er Jahren von geschützten Arten zum Einsatz. Hier kann Prune dank ihres akribisch geführten Herkunftsbuchs genau belegen, dass die Federn nicht aus illegalen Quellen kommen.

Neben Einzel-Kreationen, die die Kundschaft in der „Boutique Bartavelle“ im kleinen Dorf Maussane-les-Alpilles erwerben kann, erschafft Prune auch Sonderanfertigungen nach exakten Kundenvorstellungen. Mit Look-book und Nuancier (Feder-Farbkarte), entwirft sie planvoll und intuitiv zugleich. Die erste Skizze dient lediglich der Orientierung, ansonsten lässt sich Prune von der Feder führen: Denn: „Die Natur weiß alles, sie ist ein unerschöpflicher Fundus und bietet uns eine unglaubliche Palette an Farben und Formen an. Wir müssen nur hinsehen und hinspüren!“

Anja Legge

Kontakt: www.prune-faux.com

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